Sara Jahnke schlägt mal wieder zu: Fördert Kontakt zu Kindern Risikofaktoren oder nicht?

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sarumi

Beitrag von sarumi »

Das hier praktische Begrenzungen eine beinahe unüberwindliche Hürde darstellen ist klar aber ich kann mich auch prinzipiell nicht mit dem Prinzip anfreunden einfach viel zu messen und dann etwas verstanden haben zu wollen. Das oben gesagte könnte man genauso anwenden um einen Zusammenhang zwischen Kinderkontakt und Blasenschwäche zu postulieren. Mein Punkt ist das man meiner Meinung nach ein Modell braucht das Vorhersagen macht die mit den Daten abgeglichen werden können um tatsächlich etwas zu verstehen. Das ist halt die Naturwissenschaftler Brille.
Fetzer
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Beitrag von Fetzer »

Ihr geht also von einer Jahrzehnte gleichbleibenden Neigung aus, wahrscheinlich auch nur in einem gewiss liegenden Altersrahmen? Da kommt auch nichts Ganzes bei aus.
Ovid
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Beitrag von Ovid »

sarumi hat geschrieben: Mo 15. Jan 2018, 18:16 Das hier praktische Begrenzungen eine beinahe unüberwindliche Hürde darstellen ist klar aber ich kann mich auch prinzipiell nicht mit dem Prinzip anfreunden einfach viel zu messen und dann etwas verstanden haben zu wollen.
Quatsch. Das war doch keine Ausrede dafür, dass man aufgrund von diversen Hürden einfach weniger Daten mit gleicher Gewissheit akzeptiert.
Man muss sich in dem Bereich einfach damit zufrieden geben, dass man bezüglich erlangtes Wissen nie die selbe Gewissheit erreichen kann wie in anderen wissenschaftlichen Feldern.
Was ist also dann deine Kritik? Soll man lieber gar nicht forschen, wenn man nur einen niedrigen Status an Gewissheit erlangen kann oder verblieb bei dir der Eindruck, dass Jahnke et. al. sich den Grenzen der Aussagekräftigkeit der Studie nicht bewusst sind?

Im letzteren Falle lies doch noch einmal den Abschnitt "Limitations" S. 11f.

Wir stimmen dir doch zu, dass eine Querschnittsstudie mit einer kleinen anonymen Internetstichprobe erhebliche Schwächen hat.

Aber so ist das mit allen prima facie Untersuchungen. Man kann nie schon von Anfang an die ultimative Klopper-Studie herausbringen, wenn man in diesem Bereich quasi noch nichts weiß. Da muss Vorarbeit geleistet werden, ganz zu Schweigen von Geldern, die man auch nicht einfach so aus heiterem Himmel für solche Vorhaben bekommt.
sarumi hat geschrieben: Mo 15. Jan 2018, 18:16 Mein Punkt ist das man meiner Meinung nach ein Modell braucht das Vorhersagen macht die mit den Daten abgeglichen werden können um tatsächlich etwas zu verstehen. Das ist halt die Naturwissenschaftler Brille.
Das ist nicht nur die Naturwissenschaftler-Brille, sondern übliches Vorgehen von empirischen Studien, dass man hier aus einem Modell generierte Hypothesen falsifiziert.

Nichts anderes haben Jahnke et. al. hier auch getan. Deswegen wundert mich dein Kommentar. Schon gleich in der Einleitung diskutiert Jahnke aus der Literatur angedeutete Modelle, beispielsweise von Houtepen, Sijtsema, & Bogaerts 2015 mit
However, PWP with sexual interest inchildren,but without experience with children, may lack the
chance to learn about a child’s actual emotional needs and instead harbor unrealistic and distorted beliefs regarding child sexuality,
as it may be‘‘easier to imagine children as sexual beings when there was no real contact and distorted cognitions about chil-
dren and sexuality were not contradicted by reallife ’’(Houtepen,Sijtsema,&Bogaerts, 2015 ,p.54). Contact between a PWP and a
child in a non-offensive context may help to form realistic beliefs about a child’s emotional needs
Daraus formen Jahnke et. al. dann folgende Hypothesen:
H1 More social and physical contacts with children are associated with more or equal legitimizing beliefs.
H2 More social and physical contacts with children are associated with less legitimizing beliefs.

Deshalb verstehe ich deinen Einwand nicht?
Fetzer hat geschrieben: Mo 15. Jan 2018, 18:55 Ihr geht also von einer Jahrzehnte gleichbleibenden Neigung aus,
Nö, wieso? Da muss man ja nicht von ausgehen. Kann man ja genauso als Variable als Frage erheben oder neue Neuroimaging-Werkzeuge benutzen. Je nachdem was du jetzt genau mit deiner Studie sichern willst.
Fetzer
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Beitrag von Fetzer »

Oh.. Studien insgesamt sollten vorwärts blickende Erkenntnisse schaffen, doch nicht sichern. Und ab welchem Alter würden diese Brechstangen dann anfangen zu hebeln?
sarumi

Beitrag von sarumi »

Ich habe keinen Einwand. Wir haben hier nur einen unterschiedlichen Grad an Fundamentalität den wir gerne hätten. Für mich ist ein Modell und eine daraus abgeleitete Hypothese eine aus gesetzten Axiomen abgeleitete Aussage die im Prinzip mit beliebiger genauigkeit experimentell getestet werden kann.
Wenn ich etwas habe was du einen Einwand nennen willst dann ist es das man nie im Einzelfall sagen kann ob Kontakt zu Kids förderlich ist oder nicht
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Naches
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Beitrag von Naches »

Aber das kannst du ja nichteinmal in Naturwissenschaften @sarumi. Auch dort müssen oft "Messfehler" berichtigt werden, über eine mögliche Verschmutzung der Ausgangschemikalie diskutiert werden oder Versuche wiederholt werden.

Die Modelle die wir momentan in der Wissenschaft haben, sind wahrscheinlich sehr nah an der Wirklichkeit, haben aber auch immer wieder ihre Schwächen, sodass je nach Anwendung andere Modelle angewandt werden.

Die einzige Wissenschaft, bei der du mit Gewissheit aus Axiomen hergeleitete Formeln beweisen kannst ist und bleibt die Mathematik - und die ist aus dem selben Grund keine empirische Wissenschaft.
naches@vfemail.net || Was war jetzt noch gleich so schlimm daran jemanden zu lieben?
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sarumi

Beitrag von sarumi »

Ich glaube wir reden gerade ein bisschen aneinander vorbei.
Es sind eben verschiedene Grade an Unsicherheit und da haben die Nat.wiss. doch ein "bisschen" die Nase vorn. Oh und da ich Theoretiker bin sind mir Leute die Messen ohnehin suspekt ;)
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Naches
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Beitrag von Naches »

Ich wollte es nur nochmal klarstellen :D
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Ovid
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Beitrag von Ovid »

Fetzer hat geschrieben: Mo 15. Jan 2018, 21:47 Studien insgesamt sollten vorwärts blickende Erkenntnisse schaffen, doch nicht sichern.
Deine Wortakrobatik habe ich echt vermisst, Fetzer. Ob man nun aussagekräftige Prädiktoren für eine Theorie durch empirische Daten "sichert" oder "schafft" ist doch sinngemäß das gleiche. :roll:
sarumi hat geschrieben: Mo 15. Jan 2018, 22:02 Ich habe keinen Einwand. Wir haben hier nur einen unterschiedlichen Grad an Fundamentalität den wir gerne hätten.
Wieso? Besser ist immer besser. Klar würden wir alle gerne irgendwie was Genaueres. Also wollen wir alle den selben besten Grad an Fundamentalität.
Aber geht halt gerade nicht. Und etwas ist besser als nichts, wenn man sich den Einschränkungen bewusst ist, richtig?
sarumi hat geschrieben: Mo 15. Jan 2018, 22:02 Für mich ist ein Modell und eine daraus abgeleitete Hypothese eine aus gesetzten Axiomen abgeleitete Aussage die im Prinzip mit beliebiger genauigkeit experimentell getestet werden kann.
Sie könnte ja theoretisch beliebig genau getestet werden - bzw. besser: endgültig falsifiziert.
Wir haben in den Sozialwissenschaften allerdings erheblich viele Ebenen darunter, die wir nicht mittesten. Biologisch, physikalisch, chemisch...
Das sind die gesetzten Axiome, die wir erst mal nicht anrühren. Aber könnte man.

Nun macht man das aber nicht, weil es erstens - schon wieder - praktisch unmöglich ist, alles mögliche mitzuerfassen bis zum letzten Quanteneffekt.
Und zweitens, weil wir aus der Erfahrung wissen, dass uns diese quantitativen Daten und die daraus konstruierten Theorien trotzdem nützlich sind, uns trotzdem Vorraussagen liefern, die wir verweden können um unser Leben zu verbessern.
Die Grenzen der Disziplin sind uns also nicht vollends hinderlich in unserem Fortschritt.
sarumi hat geschrieben: Mo 15. Jan 2018, 22:02 Wenn ich etwas habe was du einen Einwand nennen willst dann ist es das man nie im Einzelfall sagen kann ob Kontakt zu Kids förderlich ist oder nicht
Das können wir ja praktisch nirgends mit absoluter Genauigkeit, wenn es um menschliches Zusammenleben geht. Nicht nur bei diesem Thema.
Auch in der Medizin, kann es dann einige Menschen geben mit bestimmten Genen oder anderen gesundheitlichen Vorraussetzungen, wo ein Medikament dann doch nicht wirkt.
Oder eine Therapie, die hilfreich für 85% ist, aber für den Rest leider nicht.
Ähnliches in den Erziehungswissenschaften, Lerntheorien, Bildung usw.

Der Punkt ist doch: Man kann trotzdem aus den resultierenden Daten eine Handlungsempfehlung erstellen und die Situation insgesamt, also statistisch für die Gemeinheit verbessern.
Schlechter wäre es, nichts zu tun. Nur weil eine Methode nicht perfekt ist, muss man nicht gleich den Kopf in den Sand stecken.

Kurzfassung (TLDR):
Ja in den Naturwissenschaften ist der empirische Falsifizierungsprozess mit weniger Hürden und Ungenauigkeiten verbunden. So what? Die Sozialwissenschaften und Humanmedizin liefern trotzdem nützliche Voraussagen, woraus sich nützliche Handlungsempfehlungen ableiten lassen, die unser Leben verbessern.
Fetzer
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Beitrag von Fetzer »

Ovid hat geschrieben: Di 16. Jan 2018, 01:32 Deine Wortakrobatik habe ich echt vermisst, Fetzer. Ob man nun aussagekräftige Prädiktoren für eine Theorie durch empirische Daten "sichert" oder "schafft" ist doch sinngemäß das gleiche. :roll:
Zwischen sichern und schaffen kann ich aber noch weitreichende Unterschiede einfügen.

Neulich bekam ich den Tipp mit dieser 4 Seiten Kommunikationstheorie. Ich machte mir dann Gedanken darüber ob diese doch gut ergründete Annahme sich auch hier in den visuellen Debatten erkennen lassen mag, trotz das ich mir dachte, eigentlich funktioniert das doch nicht. Aber gerade jetzt, hier in unserer Debatte fällt mir das besonders gut auf.
Im Prinzip ist mir das aber auch schon aufgefallen als ich damals in euren Foren kam, nur eben nicht mit dem Verständnis.

Ich würde ja auch gern… obwohl, eigentlich experimentier ich auch unentwegt damit rum. Und im Grunde machen dies alle von uns hier und warum auch immer. Das sind zwar keine akribischen Forschungen aber bringen beste Ergebnisse für’s selbst erkennen von Verhältnissen, mit welchen wir uns, weshalb auch immer konfrontiert fühlen.

Forschung muss reformiert werden :D
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